The Seattle Seven

Der dieswöchige CLUB 2 zu „1968“ – 40 Jahre nach 1968 und 30 Jahre nach dem legendären CLUB 2 mit Rudi Dutschke und Daniel Cohn-Bendit – hat mich an eine Szene in THE BIG LEBOWSKI erinnert. Jeff The Dude Lebowski, der von Jeff Bridges hinreißend gespielte Protagonist des Films, liegt mit der Millionärstochter und „Body Paint“-Künstlerin Maude, gespielt von Julian Moore, im Bett. Während er an einem Joint danach zieht, spricht er über ein, seiner Meinung nach, zeitgeschichtliches Jahrhundertereignis, an dem er beteiligt war:

The Dude: Did you ever hear of „The Seattle Seven“?
Maude: Mmm.
The Dude: That was me … and six other guys.

Weder Maude noch wir als Zuseher haben je von den Seattle Seven gehört, obwohl es diese Anti-Vietnamkriegssplittergruppe tatsächlich gegeben hat, und, übrigens auch den Film-Dude, Jeff Dowd heißt er, aber, darum geht es nicht. Was in dieser Szene so herrlich funktioniert, manifestiert sich im Gesicht von Jeff Bridges: Es gab einen Moment in meinem Leben, sagt es uns, in dem ich, The Dude, der Welt ein Loch geschlagen habe.

Aber zurück zum CLUB 2, zurück zum Veteranentreffen, in dem die alt 68-er ihr Dasein mit dieser Dude-Patina umgeben, allerdings ohne ironischen Bruch, wie im Coen-Brothersfilm, sondern als Relevanzkritierium für das jetzige Leben. Einzig Georg Hoffmann-Ostenhof, heute Außenpolitikredakteur beim Profil, hat zu seiner eigenen 68-er Verstrickheit eine ironische Distanz aufgebaut. („Es wäre ja lächerlich, wenn ich so denken würde, wie mit Zwanzig!“) Auch die beiden als Anti-68-er Krokodile eingeladenen Teilnehmer, Bettina Röhl (Publizistin und Tochter von Ulrike Meinhof) und Daniel Regli (ein christlicher Historiker aus der Schweiz), sind in einer grotesken 68-er Distanzlosigkeit verfangen, was sich in ihren engstirnigen und verbohrten Wortmeldungen gezeigt hat.

Vergessen wir den CLUB 2, kehren wir nochmals zurück zu THE BIG LEBOWSKI, zurück zu Walter Sobchak, ein psychopatischer Vietnamkriegsveteran, glänzend von John Goodman dargestellt, der auf die Einhaltung von Regeln pocht, um sie zugleich in einem cholerischen Wahnsinnsakt ad absurdum zu führen. Hier ein kurzer Dialog, den Walter mit Smokey, einem Bowling Spieler, führt, der beim Wurf die Linie übertreten hat:

Walter Sobchak: OVER THE LINE!
Smokey: Huh?
Walter Sobchak: I’m sorry, Smokey. You were over the line, that’s a foul …
Smokey: Bullshit. Mark it 8, Dude.
Walter Sobchak: Uh, excuse me. Mark it zero. Next frame …
Smokey: Bullshit, Walter. Mark it 8, Dude …
Walter Sobchak: Smokey, this is not ‚Nam. This is bowling. There are rules.

Und da Walter dem armen Smokey die Beachtung von Regeln beim Bowling – im Unterschied zu Vietnam – mit gezückter Pistole nahelegt, wird aus Smokeys 8-er Wurf eben ein Nuller.

And here it is.

Ein Kommentar zu „The Seattle Seven

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